Mit dem Gravel Fahrrad von Göteborg nach Malmö

Pascal – 620 Kilometer, 5’500 Höhenmeter und 96 Stunden Zeit – das ist das RAD RACE 96HRS. Ein Bike-Packing Gravel Fahrradrennen quer durch Schweden, genauer gesagt von Göteborg nach Malmö. Beim Self-Supported Gravelrennen steht aber nicht der Sieg im Vordergrund – ausser du willst unbedingt gewinnen… 😉

RAD RACE 2023 Schweden – von Göteborg nach Malmö

Die Strecke wird vorgegeben, wie schnell du fährst, wann du einen Halt einlegst, wie und wo du übernachtest ist aber komplett dir überlassen. Nimmst du ein Zelt mit oder suchst du dir unterwegs eine Unterkunft – du entscheidest.

Durch magisch ruhige Wälder zu den zerklüfteten Ufern des Kattegats und zurück zu den hügeligen Feldern von Skåne führte uns die Strecke durch die Einsamkeit Südschwedens und endete direkt im kulturellen Herzen der Metropolregion Malmö.

Rad Race 2023

Die Vorbereitung

Ich muss sagen, eine ideale Vorbereitung sieht anders aus… Gerade einmal 1’200km hatte ich bis vor dem Flug nach Schweden in den Beinen… also knapp das Doppelte was ich in den vier Tagen fahren muss – zum Glück ist es kein Rennen… Wenn das Material gut ist und die Einstellung stimmt wird es schon klappen.

Mein Plan sah wie folgt aus: an Tag 1 und Tag 2 jeweils etwa 250km zu absolvieren, damit ich am dritten Tag dann noch etwa 120km machen muss und somit gegen Nachmittag im Ziel ankomme. Schliesslich war auch genau dann “Midsommar” – nationaler Feiertag in Schweden. Ich hatte also keine Eile möglichst rasch im Ziel zu sein. Mit im Gepäck: Zelt, Matratze, Schlafsack, Kleider, ein Grill, Angelrute, Kamera, Drohne… Alles was man halt benötigt. Diesen Plan musste ich aber teilweise ändern – da es in Schweden sehr trocken war, hatte ich kurzerhand den Grill wie auch die Angel-Ausrüstung weggelassen und das Zelt gegen ein Tarp ausgetauscht.

Das Rennen beginnt – Tag 1

Start war um 06:00 Uhr. Rund 200 Personen machten sich auf den Weg. Schön geordnet aus der Stadt, bis dann die ersten Schotterstrassen erreicht wurden – das Rennen war freigegeben. Ich ordnete mich im Mittelfeld ein und fand schnell einmal ein paar Gleichgesinnte welche eine ähnliche Pace fuhren. Viele hatten den ähnlichen Plan – in gut 3 Tagen ins Ziel zu kommen.

Beim Briefing wurde uns von den hervorragenden Gravel-Strassen erzählt, welche sich in den meisten anderen Ländern wohl fast schon als befestigte Nebenstrassen bezeichnen dürfte. Und in der Tat – man hätte das Rennen wohl fast auch mit einem Strassenrad absolvieren können. Gut 70% waren perfekte Waldstrassen. 20% waren geteerte Strassen / Feldwege. Die restlichen 10% waren Schotter und Wanderwege. Vereinzelt musste man den Weg aber schlichtweg suchen – da sich der Wald seit der Besichtigung der Strecke im April seinen Platz zurückgekämpft hat und die Wege zugewachsen waren.

Tag 1 verlief dann schlussendlich wie geplant. Auf den ersten rund 150km war ich immer mal wieder mit Leuten unterwegs. Da viele aber eine 4 Tages Strategie fuhren, war der erste Tag dann aber fertig. Fast alleine, ab und an traf ich wieder auf andere Fahrer, fuhr ich dann noch bis an den frühen Abend weitere 100km bis ich Schlussendlich am Meer und somit an meinem ersten Zwischenziel angelangt bin. Kurz das Nachtlager aufgestellt, ordentlich gegessen und dann hiess es schon gut erholen und so viel Schlaf wie möglich. 3h wach gelegen – um 00:00 Uhr endlich eingeschlafen – um 04:00 Uhr bereits wieder wach… Hat ja toll geklappt! Aber was soll’s, fahre ich halt wieder los. Auf in den zweiten Tag.

Tag 1 geschafft – Das Etappenziel “MEER” wurde erreicht.

Immer weiter und weiter – Tag 2

Viel früher als geplant startete ich somit in den zweiten Tag – perfekt, dann habe ich abends mehr Zeit und kann es gemütlicher angehen. Zwischenfälle? Einige – Tag 1 verlief, ausser einem kleinen Regenschauer – nahezu perfekt. Genügend Essen, Beine waren auch top und das Fahrrad fuhr wie ne 1. Kaum ausgesprochen, schon fing es an. Nach 30km funktionierte plötzlich die vordere Gangschaltung nicht mehr – na super, habe ich die Akkus nicht noch geladen vor Abflug? Da ich die Di2 (so nennt sich die elektronische Gangschaltung von Shimano) aber per SYNCHRONIZED SHIFT eingestellt habe und somit immer die ideale Übersetzung eingestellt wird, konnte ich auch nur mit der hinteren Gangschaltung schalten. Als damit auch der Wechsler vorne reagierte wusste ich, dass es wohl einfach etwas mit dem Kabel zu tun hatte. Wie sich im Ziel dann feststellte, war das Kabel nicht mehr ganz eingesteckt und durch die Taschen am Fahrrad ausgezogen worden.

Kein Grund zur Sorge also. Eher ein Grund zur Sorge kam dann gut 10km später. Wir mussten ein Teilstück durch ein abgesperrtes Stück Wald gehen. Dort drin: eine Horde Kühe mit Jungtieren. Diese waren nicht sehr erfreut – und nachdem ich regelrecht eingekesselt wurde, die Bullen immer näher auf mich zuliefen, blieb mir nichts anderes übrig als einen kleinen Umweg zu fahren. Dass ich beim ganzen Manöver noch technischen Equipment verloren hatte und dies bei immer näher kommenden Kühen im Laub erst wieder finden musste noch als Randnotiz.

Am zweiten Tag führte die Strecke dann mehrheitlich über Felder und Wiesen – mit malerischen Landschaften wie man sich Schweden vorstellt. Für unterwegs hatte ich immer Riegel und Gels dabei. Nach 3 Stunden Fahrzeit hiess es jeweils eine Bäckerei / Supermarkt oder Imbiss aufsuchen und was Richtiges essen. Als ich am späteren Nachmittag wiederum mein Tages-Soll erreichte – ging es wieder darum den Kalorienhaushalt aufzufüllen.

Mit eigentlich nur noch 120km zu absolvieren und dem Fakt, dass der Tag viel früher startete als geplant – nahm ich aber nochmals einen Anlauf um noch ein paar weitere Kilometer zu fahren. Frei nach dem Motto: was du heute kannst besorgen – verschiebe nicht auf morgen.

So fuhr ich weiter… und weiter… und weiter. Als es langsam anfing dunkel zu werden, zeigte das GPS noch restliche 70 Kilometer an. Ok, bei einem Schnitt von 20 km/h – dann noch 2 x rund 15 Minuten Pause würde das bedeuten, dass ich ca. um 05:00 Uhr im Ziel sein würde, wenn ich jetzt weiter fahre. dies würde wiederum bedeuten, dass ich nur gerade mal 48 Stunden benötigte für das 96 Stundenrennen… Also, nochmals ordentlich was essen gehen und los gehts!

RAD RACE 48 HRS – Tag 3 (?)

Ein weiterer Reiz für mich war es zudem – durch die Nacht zu fahren. Der Plan stand fest, die Zeitvorgabe ebenfalls. Sofern alles wie geplant verläuft sollte es machbar sein. Mit zunehmender Dunkelheit (zu dieser Jahreszeit wird es aber eigentlich nie stockdunkel) – machte sich aber noch eine Gedanke breit: was wenn ich mitten im Wald stürze oder sonst etwas ist? Bis jemand kommt kann es gut und gerne bis am Morgen dauern. Kurz die Live-GPS Daten aller Teilnehmer überprüft stellte ich fest, dass ich nicht alleine mit der Idee war die Strecke jetzt noch fertig zu fahren. Unweit von mir war Mette noch unterwegs.

Nach gut einer halben Stunde trafen wir aufeinander – auch sie war nicht abgeneigt, ja eigentlich auch froh – den letzten Teil der Strecke gemeinsam zu fahren. Wie sich herausstellte – war dies nicht die dümmste Idee. Ich war froh, dass ich für die letzten paar Kilometer jemand dabei hatte, der mir mit Schmerzmittel aushelfen konnte (zwei leicht entzündete Achillessehnen machten sich bemerkbar). Mette hingegen profitierte von meinen positiven Worten und meinen Motivationsversuchen.

Die letzten rund 50km hatten es dann auch noch in sich. Über Wanderwege, Trails und Stock und Stein ging es nochmals durch dichten Wald. Mit dem Ziel vor Augen wurden aber alle Schmerzen und Erschöpfungserscheinungen weggelächelt. Um exakt 04:30 Uhr fuhren wir dann bei Sonnenaufgang durchs Ziel! Wahnsinn! Glücklich, aber auch erschöpft. 620 Kilometer, 5’500 Höhenmeter und 96 Stunden 46 Stunden 30 Minuten! Göteborg – Malmö! Jetzt heisst es erst einmal schlafen!

Siegerpose ala Mathieu Van Der Poel

Die Organisatoren – Rad Race & Rad Pack

Hinter dem Event, wie auch hinter weiteren Events, stehen die Organisatoren von Rad Race. Eine Gruppe von Freunden, welche sich 2015 zusammengeschlossen haben um ihrer Passion nachzugehen. Neben verschiedenen Events betreiben sie auch den bis dato einzigen Canyon Bike Shop inn Hamburg und starten zudem noch als Rad Pack selbst an Rennen. Wie sie aber selbst schreiben ist das primäre Ziel nicht zu gewinnen – sondern Spass zu haben.

Noch weitere Inspiration gefällig?

Vom ganzen Event, respektive von den Organisatoren selbst, gibst auch noch ein Video. Wenn das nicht mehr Lust auf Bike-Packing macht weiss ich auch nicht… doch seht selbst:

Wer sogar noch mehr Lust auf ein eigenes Abenteuer gekriegt hat, der kann die Schweden-Route gleich selbst ausprobieren – oder nimmt einfach beim nächsten RAD RADE 96 HRS teil. Und wer mit mir unterwegs sein möchte, dem sei die #tourdejeunesse ans Herzen gelegt – jeweils einmal im Jahr fahre ich durch die Schweiz. Das Gepäck? Wird transportiert – die Unterkunft ist ebenfalls organisiert und du brauchst dich um nicht zu kümmern: www.tourdejeunesse.ch.

Fotocredits @Dennis_Arndt & @Alex_ atb.media

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